Drucken

120 Jahre für Wirtschaftsethik

STIFTUNGSFEST Katholisch Kaufmännischer Verein feiert

VON THORSTEN KUCHTA

OLDENBURG Als der Mainzer Ehrendomherr und Dekan Dr. Friedrich Elz 1877 den Katholisch Kaufmännischen Verein (KKV) gründete, wollte er die Interessen des Kaufmanns katholischer Provenienz zwischen Liberalismus und Sozialismus stärken. 1889 gründeten in Oldenburg katholische Kaufleute eine Ortsgemeinschaft – „auch 120 Jahre danach sind die Antworten der katholischen Soziallehre auf unsere Lage hochaktuell“, sagt Georg Konen.
Der zweite Vorsitzende des Oldenburger KKV und Mitglied des Bundesvorstandes hat auch in Zeiten angelsächsisch geprägten Turbo-Kapitalismus’ nie den Glauben daran verloren, dass humane Wirtschaft nur funktioniert, „wenn man den Wert eines Menschen unabhängig von seinem Nutzen definiert“. Mit Seminaren zur Unternehmens- und Wirtschaftsethik, persönlichkeitsbildenden Seminaren und Diskussionsveranstaltungen versucht der KKV, seine Vorstellungen zu verankern. Nicht mehr nur bei Kaufleuten – der Dachverband des KKV heißt seit den 60er Jahren „Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung“, und so setzt sich seine Mitgliedschaft auch zusammen.

Konen skizziert die Grundsätze so: „Wenn man den Mitarbeiter als Individuum anerkannt und ihn seinen Fähigkeiten entsprechend fördert, wird er sich für das Unternehmen einsetzen; wenn man Menschen die Möglichkeit gibt, durch ihre Arbeit gut für sich und ihre Familie zu sorgen, wird sich das für das Unternehmen auszahlen. Auch im Unternehmen muss gelten: Wenn der Einzelne nicht weiterkann, muss die Gemeinschaft für ihn einspringen. Und: Wir müssen als Christen die Bewahrung der Schöpfung beachten.“ Diese Haltungen zu verbreiten, „empfinden wir auch als missionarische Aufgabe.“
Wie viele katholische Organisationen wurde auch der KKV Oldenburg von den Nazis verboten; die Gemeinschaft lebte im unverdächtigen Kegelclub Blau-Rot weiter. Zuvor – in den 20er Jahren – hatte der KKV u.a. Sozialkassen und eine Rechtsschutzstelle organisiert.
Der Oldenburger Verein hat etwa 130 Mitglieder. „Unsere Mitgliederzahlen leiden unter demografischer Entwicklung und einer gewissen Beliebigkeit der Weltanschauung“, sagt Konen. Gleichwohl sei bei Führungskräften zwischen 35 und 48 Jahren wachsendes Interesse am KKV zu spüren. Die müssen nicht mehr unbedingt Katholiken sein, sagt Konen: „In Zeiten, in denen das Christentum auf dem Rückmarsch ist, können wir uns Barrikaden zwischen Konfessionen nicht leisten.“
Am Sonntag, 18. Oktober, feiert der KKV Oldenburg sein 120-jähriges Bestehen mit Festgottesdienst und Stiftungsfest. Im Mai 2010 richtet die Ortsgemeinschaft den Diözesanverbandstag des Diözesanverbandes Münster unter dem Motto „Ethik – Wirtschaft – Solidarität“ aus.

Nordwest-Zeitung, 15.10.2009