Verband der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung
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PRESSEMITTEILUNG 02/2017

vom 24.01.2017

 

 

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V. i. S. d. P.: Bernd-M. Wehner, Bundesvorsitzender

Ansprechpartner: Joachim Hüpkes, Bundesgeschäftsführer



Staatssekretär a.D. Dr. Joachim Gottschalk beim KKV-Neujahrsempfang: Chancen der technologischen Revolution nutzen – Mensch muss weiter „Urheber, Mittelpunkt und Ziel aller Wirtschaft“ bleiben

 

„Wir dürfen nicht in die Position des Zauberlehrlings geraten, dem die Kontrolle über eine sich verselbstständigende Entwicklung entgleitet, sondern wir müssen bei Wahrnehmung der Chancen der technologischen Revolution für eine sozialadäquate Einhegung von gesellschaftlichen Gefährdungen sorgen.“ Mit diesen Worten appellierte Dr. Hans-Joachim Gottschalk, Staatssekretär a.D., anlässlich des Neujahrsempfangs des KKV-Bundesverbandes an die Mitglieder des katholischen Sozialverbandes die Entwicklungen in der Arbeitswelt unter den Bedingungen von Industrie 4.0 sorgsam zu analysieren und dabei immer den Menschen als „Urheber, Mittelpunkt und Ziel aller Wirtschaft“ (Gaudium et Spes) im Focus zu haben. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass er nicht mit schnellen wohlfeilen Rezepten aufwarten wolle, sondern eher mit Achtungszeichen bzw. Stoppschildern. Insofern sei es auch symbolträchtig, dass sich der KKV 125 Jahre nach der ersten Sozialenzyklika „Rerum Norvarum“ mit dem Thema Arbeit 4.0 beschäftige. Im Übrigen kann man den kompletten Vortrag unter www.kkv-bund.de, Rubrik „Zum Runterladen“, abrufen.

Bei seinem Jahresrückblick und -ausblick unterstrich deshalb auch der KKV-Bundesvorsitzende, Bernd-M. Wehner, dass sich der KKV in einer immer schneller werdenden digitalisierten Arbeitswelt dafür einsetzen werde, dass menschenwürdiges Arbeiten keine Utopie bleibe. Frei nach dem nach dem Motto “Der Mensch ist nicht für die Arbeit da, sondern die Arbeit für den Menschen“. Deshalb werde auch der Fördererkreis für Bildungsarbeit im KKV mit Unternehmen, Verbänden und Institutionen über den technologischen Wandel in einer digitalisierten Arbeitswelt diskutieren. Dabei gelte das Augenmerk besonders den Auswirkungen auf die sozialen Verhältnisse und der Frage nach Chancen und Risiken für den Menschen an einem veränderten Arbeitsplatz.

 

„Mensch bleiben in der Arbeitswelt“

Der KKV, Verband der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung, hatte unter dem Motto „Mensch bleiben in der Arbeitswelt – Welche Veränderungen bringt die Digitalisierung?“ zu seinem sechsten Neujahrsempfang in die Kommende nach Dortmund eingeladen. Als Gastredner konnte er den früheren Staatsekretär und ehemaligen stellvertretenden Vorsitzenden des Förderkreises für Bildungsarbeit des KKV, Dr. Hans-Joachim Gottschalk, aus Wilhelmshaven gewinnen. Dr. Gottschalk hat sich mit der Thematik des KKV-Jahresmottos „Mensch bleiben in der Arbeitswelt“ – und hier vor allem mit dem Thema Arbeit 4.0 – seit langem auseinandergesetzt.

Josef Ridders, stellv. KKV-Bundesvorsitzender aus Greven, konnte zu diesem sechsten Neujahrsempfang des KKV-Bundesverbandes, der zum ersten Mal in Dortmund stattfand, rund 50 KKVerinnen und KKVer und Gäste in der Kommende begrüßen. Dabei unterstrich er in Anbetracht der ständigen Verfügbarkeit durch die elektronischen Medien die Forderung des KKV, dass jeder Mensch ein Recht auf Unerreichbarkeit habe.

In seinem Festvortrag erläuterte Dr. Gottschalk zunächst einige Begrifflichkeiten. So verstehe man unter dem Begriff „Industrie 4.0“, aus dem sich dann „Arbeit 4.0“ ableite, die gegenwärtige Stufe unserer industriellen Entwicklung, die gekennzeichnet sei durch die Verknüpfung von Daten und Maschinen, die sich an die vorausgehenden Stufen Nutzung von Wasserkraft und Elektrizität, Fließbandfertigung und Datenverarbeitung angeschlossen habe. „Die Eigendynamik der neueren Entwicklungen bricht sich Bahn - ob man das will oder nicht“, unterstrich deshalb der Referent. Aus anderen Lebensbereichen wie der Medizin wisse man, dass der Mensch letztlich alles was er könne, er auch tun werde, wobei es dann sehr schwer sei, ethische Eingrenzungen durchzusetzen. Umso mehr werde es darum gehen müssen, bei grundsätzlicher Akzeptanz der digitalisierten Welt Fehlentwicklungen zu verhindern.

 

Welche Auswirkungen auf die Arbeitswelt sind zu erwarten?

Unstrittig sei, dass durch die Weiterentwicklung der Datenverarbeitungssysteme und des Maschinenparks eine deutliche auch beschäftigungsintensive Belebung dieses Sektors erfolge einschließlich der Entstehung neuer Berufsbilder. Auch die sich aufdrängenden Schulungserfordernisse für die Belegschaften würden der "Coaching Industrie" einen Boom bescheren. Hinzu komme, dass die Halbwertzeiten der erlernten Berufe durch die neuen Technologien sinken würden. Insofern bedürfe es auch einer gesamtgesellschaftlichen Öffnung für das Erfordernis der Anpassung an sich verändernde Produktionsprozesse und andere Formen der Dienstleistungserbringung. Diese Sicht führe zwanglos zu dem Schlagwort vom "Lebenslangen Lernen".

Eine passgenaue Antwort sieht Dr. Gottschalk in der weiteren Beschäftigung älterer Arbeitnehmer und verstärkter Frauenbeschäftigung. Das bedeute aber im Umkehrschluss, dass die verstärkte Einbeziehung der Frauen die Tendenzen zu mehr außerfamiliärer Kleinkindbetreuung fördere. Damit komme es, zu einer unheiligen Allianz zwischen den arbeitskraftfixierten Industrieverbänden und emanzipatorisch feministischen Bewegungen, die die berufliche Tätigkeit für die einzig zulässige Form weiblicher Selbstverwirklichung hielten.

Die führe zu der Kernfrage, wie sich die Industrie 4.0 insgesamt auf die Beschäftigung auswirke? Einigkeit bestehe im Wesentlichen darüber, dass nicht ganze Berufsbilder verschwänden, sondern eher einzelne Elemente. Auch sei unstrittig, dass es zu einer Verlagerung von eher einfachen Tätigkeiten zu komplizierten Arbeitsstrukturen komme. Allerdings werde es im Gegensatz zu früheren Umbrüchen auch zu Reduzierungen bei der sogenannten Mittelschicht kommen. So habe die verfeinerte Datenverarbeitung zur Folge, dass die wachsende künstliche Intelligenz der Roboter das Niveau von Beratungsleistungen erreiche. Diese Einzelelemente würden demzufolge den Beschäftigungsabbau wie er z.B. bei Banken und Versicherungen schon jetzt deutlich werde, nicht entscheidend aufhalten.

 

Gefahr der Selbstausbeutung durch Entgrenzung von festen Arbeitszeiten

Dr. Gottschalk beleuchtete sodann die weitgehende Autonomie von Ort und Zeit die mit der neuen Arbeitswelt geschaffen würde und die dadurch bedingten großen Möglichkeiten von Heimarbeit, Teilzeit, Telearbeit und ähnliches. Die Entgrenzung von festen Arbeitszeiten und die Standortunabhängigkeit würden einerseits zu Recht als ein Souveränitätsgewinn für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie angesehen. Andererseits bringe eine gewisse Auflösung der Bereiche von Arbeit und Freizeit die Gefahr der Selbstausbeutung mit sich.

Von daher werde der „Kampf“ des KKV gegen die ständige Verfügbarkeit der Arbeitnehmer letztlich immer dringender. Es gehe eben nicht nur um die Bewahrung des arbeitsfreien Sonntags, sondern insgesamt um ein häufigeres gesamtgesellschaftliches Innehalten zur Bewahrung der menschlichen Würde. „Der Mensch darf nicht zum bloßen Objekt von Produktivität verkommen, sondern die ihm wesensgemäße Ordnung verlangt Phasen der geregelten Muße“, so Dr. Gottschalk wörtlich.

Weitere Punkte seiner Ausführungen: Die Autonomie von Zeit und Ort bei der Arbeit verstärkt durch ihre Individualisierungstendenz auch weiter die ohnehin in weiten gesellschaftlichen Bereichen zu beobachtende Bindungsscheu und das Sicheinbringen in Organisationen. Parteien, Kirchen, Gewerkschaften, Sportvereine usw. litten alle darunter, dass die Menschen immer weniger zu diesbezüglichem festem Engagement bereit seien. Die massive Zunahme des Online-Handels verändert nicht nur das Berufsbild des Einzelhändlers, sondern droht auch zu einer Verödung unserer Innenstädte zu führen. Insofern könne man die KKV Aktion "Kauf mal wieder nebenan" nur begrüßen.

Bernd-M. Wehner wies in seinem Jahresrück- und -ausblick darauf hin, dass der Verband bereits seit 2010 alle zwei Jahre den Preis für den „Ehrbaren Kaufmann“ verleihe. Auf dem Verbandstag in München werde er diesen Preis zum fünften Mal vergeben. Er setze damit als ehemals Katholisch-Kaufmännischer Verein ein starkes Zeichen für das Ideal des „ehrbaren Kaufmanns“, der insbesondere seit der Finanz- und Wirtschaftskrise eine gesellschaftspolitische Renaissance erlebt habe.

 

DOCAT: Die Soziallehre der Kirche in verständlicher Sprache

Ein besonderes Highlight sei zudem in 2016 die Herausgabe des DOCAT gewesen, so Wehner weiter. Spötter behaupteten ja, die Katholische Soziallehre sei das bestgehüteste Geheimnis der Katholischen Kirche. Ein Schatz, der tief vergraben sei und darauf warte, dass man ihn entdecke. Mit dem DOCAT sei dieser Schatz nun gehoben worden. Mit ihm liege eine populäre Übersetzung der Sozial- und Gesellschaftslehre der Katholischen Kirche vor, wie sie in wichtigen Dokumenten seit Papst Leo XIII. entwickelt worden sei. „Von daher sind wir auch ein bisschen stolz, dass wir als KKV mit dazu beigetragen haben, dass dieses Werk entstanden ist“, betonte Wehner.

In dem 320-seitigen Buch werden in zwölf Kapiteln die wesentlichen Elemente der Katholischen Soziallehre in verständlicher und praxisbezogener Form dargelegt. In 328 Fragen und Antworten wird dies aufbereitet und mit Zitaten des Papstes, von Schriftstellern oder Schauspielern und Bibelstellen hinterlegt.

 

Der Bundesverband der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung e.V. ist ein katholischer Sozialverband mit rund 80 Ortsgemeinschaften in ganz Deutschland. Informationen zum KKV erhalten Sie im Internet unter www.kkv-bund.de, oder unter 0201 87923 – 0.